Im Salzburger Landtag lehnte Schwarz-Blau es ab, konkrete Schritte gegen Antisemitismus zu setzen

„Wie viel sind die Lippenbekenntnisse von ÖVP und FPÖ wert?“, fragt Klubobmann Kay-Michael Dankl (KPÖ PLUS) nachdem die schwarz-blauen Regierungsparteien in der heutigen Ausschusssitzung des Landtags konkrete Maßnahmen gegen Antisemitismus blockiert haben. SPÖ, KPÖ PLUS und Grüne haben sich in einem Sieben-Punkte-Antrag dafür ausgesprochen, einer allgemeinen Verurteilung von Antisemitismus auch Taten folgen zu lassen: mit mehr Präventionsarbeit in Schulen und mit Jugendlichen, einem jährlichen Antisemitismusbericht und indem das Land Ehrungen für Antisemiten aberkennt. „Antisemitismus ist kein Kavaliersdelikt. Das muss Teil des antifaschistischen Grundkonsenses der Republik sein. Wenn ÖVP und FPÖ ihre Bekenntnisse ernst nehmen, müssen Taten folgen. Dazu gehört, Antisemiten nicht länger zu ehren. Das Land sollte alle bisherigen Ehrungen unabhängig erforschen lassen und Antisemiten die Ehrung posthum aberkennen“, sagt Dankl: „Wenn das Land bis heute Antisemiten ehrt, welche Vorbildwirkung ist das? Man darf Antisemitismus nicht nur ablehnen, wenn es um andere geht.“

Land ehrte früheren HJ-Führer
Als Beispiel für problematische Landesehrungen nennt Dankl den einstigen Hitlerjugend-Führer Walter Leitner. Er war von 1935 bis 1938 illegaler HJ-Jungvolkführer in Salzburg, danach hauptamtlicher HJ-Führer. In seiner Funktion war er an der Bücherverbrennung am Residenzplatz 1938 beteiligt. Ab 1944 war Leitner Mitglied der Waffen-SS. Nach der Befreiung 1945 war Leitner als schwer Belasteter bis 1947 interniert. Nichtsdestotrotz konnte er im VdU und danach in der FPÖ Karriere machen. Von 1965 bis 1978 war er FPÖ-Landesparteiobmann, von 1954 bis 1978 Landesrat. Ungeachtet seiner nationalsozialistischen Verstrickungen ehrte ihn das Land Salzburg 1970 mit dem Ring des Landes und 1978 das Große Ehrenzeichen des Landes.

Wie viele Antisemiten tragen Landesehrungen?
Auch der einstige Landeshauptmann Josef Klaus galt als schwerer Antisemit. Er unterzeichnete 1932 ein wüst antisemitisches Flugblatt, sprach sich noch in den 1950ern gegen den Auftritt eines israelischen Orchesters bei den Festspielen aus und ließ sich 1970 als „Ein echter Österreicher“ plakatieren, in Anspielung auf die jüdische Herkunft seines Konkurrenten Bruno Kreisky. Trotz seines offenen und latenten Antisemitismus erhielt Klaus den Ring des Landes Salzburg sowie das Großkreuz des Ehrenzeichens des Landes. In Nonntal wurde ein Platz nach ihm benannt.

Gesetzliche Möglichkeit bis heute ungenutzt
„Diese Biografien gehören aufgearbeitet. Die Universität Salzburg ist mit gutem Vorbild vorangegangen und hat die Geschichte ihrer Ehrendoktorate erforscht. Das Land hinkt hier nach“, sagt Dankl. Zwar hat der Landtag 2016 die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, um Ehrungen zu widerrufen. Mit den Ehrungen hat man sich aber bis heute nicht auseinandergesetzt. „Es geht auch anders. Während die ÖVP in Salzburg die Neubenennung von Antisemiten- und Nazi-Straßen blockiert, benennt etwa Bad Ischl den schwer belasteten Franz-Stelzhamer-Kai um und erinnert an die 1940 von den Nazis wegen ihrer Schizophrenie ermordete Franziska Sams“, sagt Dankl.

Nach Wiener Vorbild: verletzte Kinder aufnehmen
Der Abänderungsantrag der KPÖ PLUS zum ÖVP-Hauptantrag hat auch vorgeschlagen, nach dem Vorbild Wiens verletzte und erkrankte Kinder aus dem Kriegsgebiet aufzunehmen, die intensivmedizinische Versorgung brauchen. Der Antrag verurteilt den Terrorangriff der Hamas, bekräftigt das Existenzrecht Israels und ruft die Bundesregierung dazu auf, sich im Rahmen einer aktiven Neutralitätspolitik für eine Deeskalation und dauerhafte Friedenslösung in Israel und Palästina im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung stark zu machen. Beantragt wird auch, die Bemühungen zur Freilassung aller Geiseln, zur Einhaltung des Völkerrechts durch alle Beteiligten, zur Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen mit Lebensmitteln, Wasser und Energie zu unterstützen, sowie zur UN-Vertriebenenhilfe beizutragen. SPÖ und Grüne haben den Antrag unterstützt, der an den Stimmen von ÖVP und FPÖ scheiterte.