Quadratmeterpreise von über 14.100 Euro sind die Folge der Grasser-
Privatisierung ehemaliger Bundeswohnungen vor zwanzig Jahren

November 2020

Während der Gerichtsprozess um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gestern
mit nicht rechtskräftigen Urteilen zu Ende ging, bleiben die Folgen der
Privatisierung zehntausender öffentlicher Wohnungen für die Stadt-Salzburger
weiter spürbar. So wurden ehemalige Bundeswohnungen am Gersberg durch
teure Luxus-Apartments verdrängt – mit Preisen über 14.000 Euro pro
Quadratmeter, wie Gemeinderat Kay-Michael Dankl (KPÖ PLUS) kritisiert: „Hier
wurden unter Grasser öffentliche Wohnungen privatisiert und nun durch Luxus-
Immobilien verdrängt. Für die Salzburger Wohnbevölkerung ist diese Fläche jetzt
für immer verloren. Das ist ein wohnungspolitischer Skandal der Sonderklasse“,
sagt Dankl.

130 Jahre turbulente Vorgeschichte

Das Gebäude am Judenbergweg 9 hat eine turbulente Vorgeschichte. Im Jahr
1889 ließ der Architekt und Unternehmer Jakob Ceconi hier eine Gründerzeitvilla
erbauen. Zwanzig Jahre lang diente sie als „Kaltwasser-Curanstalt“, bevor das
Hotel in den Konkurs schlitterte. Es wurde zwangsversteigert und als Sanatorium
neu eröffnet. In den 1920ern machte sich ein Sumpf aus Korruption,
Misswirtschaft und Versicherungsbetrug breit, der 1936 in einem Skandal aus
gefälschten Bilanzen und einem Millionenminus gipfelte. Das Unternehmen ging
bankrott und wurde vom Staat übernommen. Nach Kriegsende 1945 übernahmen
die US-Amerikaner das Anwesen. Sie richteten eine Lungenheilanstalt für
Geflüchtete und Vertriebene ein, danach Wohnungen für Offiziere. In den
1950ern übernahm die Republik die Anlage und richtete Wohnungen ein. Über
fünfzig Jahre lang dienten sie als Dienstwohnungen für öffentlich Bedienstete.

Umstrittene Privatisierung

Unter der Regierung Schüssel-Grasser (2000-2005) wurden zwölf
Staatsbeteiligungen, fünf Bundeswohngesellschaften, die
Bundesimmobiliengesellschaft und über 1.600 Grundstück der Bundesforste
privatisiert. Im Dezember 2003 wurden auf politische Anweisung 3.900
Wohnungen der BIG verkauft. Schon im Juli 2002 wurden diese Immobilien von
der Republik an die 2001 gegründete BIG übertragen. Die Käufer waren ein
Konsortium rund um den Investor Rudolf Fries und den Fruchtsafthersteller
Walter Scherb. Schon damals wurde der Kaufpreis von 145 Mio. Euro als zu billig
kritisiert. Ein Teil dieses Pakets waren auch die Wohnungen am Gersberg. Nach
der Privatisierung 2003 wechselte das Objekt mehrmals die Hände. Es wurde
2007 und 2015 von einer Immobilienfirma an die nächste verkauft, bis es im Juli
2017 bei der Gachowetz Immobilien GmbH landete, die ab 2018 das Luxus-
Projekt entwickelte.

Drei-Zimmer-Wohnung für 2,1 Millionen

Als „Luxus-Penthouse mit Blick auf die Altstadt“ werden die 21 neuen Apartments
beim Projekt “Park am Gersberg” angepriesen. Die Immobilien kämen mit einem
uneinsehbaren Parkgrundstück von 8.000 Quadratmeter Größe, einer Tiefgarage
mit 46 Stellplätzen und einer eigenen Privatstraße. Die ersten Wohnungen
wurden Anfang des Jahres übegeben. Eines der Luxus-Apartments wird bis heute
im Internet zum Kauf angeboten - um 2,1 Millionen Euro für die 3-Zimmer-
Wohnungen. Das entspricht mehr als 14.100 Euro pro Quadratmeter.

Forderung: Privatisierungsstopp

„Unabhängig davon, wie die Gerichte urteilen, ist die Privatisierung der
Bundeswohnungen am Gersberg ein Skandal. Die Privatisierung war eine
Goldgrube für Investoren, aber eine Katastrophe für die Bevölkerung. Das
Grundstück wäre ideal gewesen, um leistbare Wohnungen für junge Familien zu
bauen: die Nähe zur O-Bus-Linie 6, zum Kindergarten und zur Volksschule“, sagt
Dankl: „Für die Zukunft braucht es einen Privatisierungsstopp für Wohnungen
und Grundstücke. Wenn Bundesbehörden oder öffentliche Unternehmen
Grundstücke privatisieren, braucht es eine automatische Benachrichtigung der
Stadt Salzburg. Die Stadt kann dann intervenieren und im Notfall das Grundstück selbst für leistbares Wohnen sichern."